Die Reformation 1470 – 1700

Buchtitel

Die Reformation
1490 – 1700

Deutsch Verlags-Anstalt München 2008

ISBN 978-3-552-05822-4

Originalausgabe
Reformation. Europe's House Divided. 1490 – 1700
Allen Lane/Penguin Group London 2003

Autor

Diarmaid MacCulloch
Kirchenhistoriker und Theologe
31.10.1951 in Kent

Professor für Kirchengeschichte an der Universität Oxford und Fellow der
British Academy
2011 zum Knight Bachelor geschlagen, seither Sir Dairmaid MacCulloch

Besprechung

Wer sich ein wirklich umfassendes Bild der Reformation machen will, kommt um das große Werk von MacCulloch nicht herum. Allein schon die zeitliche Spanne, die betrachtet wird, zeigt, daß man Reformation nicht nur zwischen Luthers Thesenanschlag vom 31. Oktober 1517 und der Einigung vom 25. September 1555 auf dem Augsburger Reichstag einspannen kann. Diese Einigung ist auch als Augsburger Religionsfrieden in die Geschichte eingegangen.

Eingangs stellt MacCulloch die Verfaßtheit der römischen Kirche am Ende des 15. Jahrhunderts dar, zeigt die Reformerwartungen und die Wirkungen des Humanismus auf. Das Werk zeichnet die wesentlichen Etappen der Reformation nach, aber auch Widerstände dagegen. Durch die Einbettung in die politische Geschichte Europas während der Reformationszeit wird deutlich, daß Reformation bei weitem nicht einfach eine Auseinandersetzung um unterschiedliche Glaubensvorstellungen war, sondern ganz direkt auch eine um politische Vormachtstellungen. Ebenso waren es Kämpfe um gesellschaftliche und soziale Veränderungen in der beginnenden Neuzeit.

Im Jahre 2017 feierte man 500 Jahre seit Luthers Thesenanschlag an der Wittenberger Schloßkirche als Beginn der Reformation. Die wissenschaftlichen Werke, weitere Publikationen, Fernsehbeiträge, Veranstaltungen und Feierlichkeiten in Deutschland nahmen eine verfälschende Reduktion vor, indem alle weiteren Ereignisse rund um die Reformation fast gänzlich ausgelassen wurden. Damit wurde ein Bild erzeugt, als sei die Reformation mit Luther und der lutherischen Kirche deckungsgleich. Bei MacCulloch wird ganz deutlich, daß Reformation weit mehr ist, als diese enge Luther-Sicht. Er zeigt die Bedeutung der oberdeutschen Reformationsbestrebungen mit Zwingli in Zürich, mit Bucer in Straßburg und vor allem mit Calvin in Genf.

Zudem wird eingehend die Zeit nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 betrachtet. Dabei geht es genauso um die katholischen Bestrebungen mit der Gegenreformation als auch um die Entwicklungen in England und Schottland.

Im dritten Teil geht Diarmaid MacCulloch den gewaltigen Auswirkungen des Protestantismus in der Welt nach. Daraus wird sehr gut ersichtlich, daß letztlich das Luthertum von der oberdeutschen und westeuropäischen Reformation und dem inhärenten Calvinismus überflügelt wurde.

Das in der deutschen Ausgabe über 900 Seiten starke Werk wird ergänzt mit einem kurzen, nützlichen Appendix, einem umfassenden Anmerkungsteil und einem ausgebauten Register.

© Rudolf Mohler2008 / Nachtrag 28. Dezember 2018